Als ich einfach kein vernünftiges Bitterspray zur Behandlung meiner Allergiepatienten fand (mein Stammanbieter hatte seines aus dem Sortiment genommen), blieb mir nichts anderes übrig als selbst zu mischen. Das funktionierte so gut und machte dazu auch noch Spaß, dass ich mir dachte es muss auch eine Lösung für den ewig an den Fingern schmierenden Pfotenschutz für den Winter geben. Denn meistens haperte Yukis Pfotenschutz daran, dass ich mir nicht kurz vor dem Rausgehen, fertig angezogen, nochmal die Finger klebrig machen wollte und es resultiere ab und zu in rissigen Pfoten. So wurde erst der Pfotenschutzstift und dann die anderen Pflegestifte geboren.
Wenn man das Thema Naturkosmetik recherchiert landet man ziemlich sofort bei Naturseifen. Und dann auch recht zügig bei Seife für die Haare. Das konnte ich mir absolut nicht vorstellen und wer mich kennt weiß, dass ich viele Haare auf dem Kopf habe. Mal in wilden Locken und mal als krauser Haufen aber alles in allem mein ganzer Stolz. Und die mit Seife waschen? Ohje.
Erfahrungen mit Seife hatte ich nur insofern, dass meine Schwester aus Amerika schon vor 10 Jahren nur mit Seife duschte, sie hat allerdings sehr dünnes Haar was nach der Seifenwäsche schnell fettig aussah. Ich hatte Angst meine Haare mit Seife zu zerstören, andererseits fand ich das Thema trotzdem spannend und las sehr viel Positives darüber.
Wer nichts wagt der nichts gewinnt, nach dem Motto bestellte ich mir also eine Haarseife.
Haarseifen unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung deutlich von Körperseifen, aber um diese Unterschiede zu verstehen braucht es erstmal einen kleinen
Seifenexkurs
Was mir vorher nicht so bewusst war: chemisch gesehen ist Seife das Resultat aus der Reaktion von Fetten mit einer Lauge. Dabei werden die Fettsäuren von dem Glycerinmolekühl getrennt und es entsteht Seife als Salz der Fettsäure.
Bei der klassischen industriellen Seife wird das Glycerin dann getrennt und für andere Produkte verwandt, bei handgemachten Seifen bleibt es enthalten, dadurch sind diese viel sanfter zur
Haut.
Überfettung
Wenn man weniger Lauge dazu gibt als es benötigt das komplette Fett zu verseifen, bleibt Fett in der Seife enthalten. Man spricht dann von einer Überfettung oder Unterlaugung. Seifen die nicht überfettend sind eignen sich eigentlich nur zum Putzen, denn sie sind zu aggressiv für die Haut. Normalerweise macht man eine Haarseife mit 2-4% Überfettung, ich habe persönlich aber die besseren Erfahrungen mit einer Überfettung von 6-9% gemacht.
Verseifung
Es gibt grob gesagt 2 verschiedene Arten der Verseifung. Einmal die kalte und einmal die heiße Variante.
Bei der kalten Verseifung werden die Fette geschmolzen, die Lauge angerührt und abkühlen gelassen, alles wird zusammen gemischt, eingeformt und aushärten
gelassen. Bei der Reaktion erwärmt sich der Seifenleim ohnehin. Eine solch hergestellte Seife muss mindestens 4-6 Wochen reifen ehe die Reaktion vollkommen durchlaufen ist und sie verwendet
werden kann, andernfalls ist sie noch ätzend.
Auch aus diesem Grund haben wir uns für eine Heißverseifung entschieden. Dabei wird der Leim auf einer bestimmten Temperatur gehalten und reagiert sofort komplett. Anschließend können noch ganz gezielt Pflegeöle hinzugefügt werden, die man wegen ihrer Wirkung haben möchte und die dann nicht mehr verseift werden. Anschließend wird eingeformt, die Seife härtet aus und ist nach 1-2 Tagen Trocknungszeit nutzbar. Der Nachteil ist, dass die Struktur dieser Seifen deutlich gröber ist als von feinen kaltgesiedeten Seifen.
Die Fette
Die Wahl der Fette in einer Seife entscheidet über die späteren Eigenschaften der Seife. So gibt es Fette die besonders gut schäumen (z.B. Kokosöl), Fette die das Schaumfett unterstützen (z.B. Rizinusöl), Pflegefette, die die Seife fest machen (z.B. Sheabutter oder Olivenöl) und Pflegefette die eine ganz besondere Wirkung auf die Haut oder das Haar haben (z.B. Arganöl, Avocadoöl oder Brokkolisamenöl).
Eine Haarseife enthält im Vergleich zu einer Körperseife mehr Schaumfette, denn sie soll ja im Haar gut aufschäumen und sich gut verteilen lassen. Außerdem enthält sie andere Pflegeöle oder andere ätherische Öle die eine besondere Wirkung auf das Haar haben und die Überfettung ist eine andere als bei normalen Duschseifen. Deshalb werden die Haare auch nicht schön, wenn man sie mit einer normalen Duschseife wäscht, abhängig natürlich von der Haarstruktur.
So, nun zurück zu meinem Selbstversuch. Ich hatte also eine Haarseife aus Olivenöl, Kokosöl und Rizinusöl gekauft und mich ausgiebig informiert. Überall wird geraten nach dem Waschen mit einer sauren Rinse nachzuspülen um eventuelle Seifenreste rauszuspülen und die Haarschüppchen wieder anzulegen.
Der große Unterschied zu Shampoos ist nämlich, dass eine Seife keine Silikone, Parabene, PEGs und den ganzen Kram enthält, welche die nassen Haare glatt machen. Beim Waschen mit einer Lauge öffnet sich die Schuppenstruktur der Haare, beim Trocknen legt diese sich automatisch wieder an, jedoch fühlen sich die Haare im nassen Zustand dann nicht schön an. Es lässt sich nur schwer mit der Hand durch fahren, es gibt ein sehr stoppendes Gefühl und kämmen ziept ebenfalls. In industriellen Produkten sind deshalb Stoffe beigesetzt, die sich um das Haar legen, damit es sich besser anfühlt. Jedoch geht darunter häufig die Haarstruktur kaputt ohne dass man es merkt.
Eine saure Rinse erfüllt jedoch den gleichen Zweck, außerdem habe ich extrem gute Erfahrungen mit Brokkolisamenöl nach der Wäsche ins nasse Haar gemacht, dann lassen sich die Haare auch ganz normal nass kämmen und fühlen sich an wie mit Shampoo und Spülung gewaschen.
Der Versuch
So, ich hatte mir also meine saure Rinse angemischt (Rezept hier) und mich dann in die Dusche getraut. Der erste Versuch war eine Katastrophe!
Es schäumte null und brannte nur in den Augen, denn oh Wunder, Seife brennt. Daran hatte ich vorher nicht gedacht. Außerdem juckte meine Kopfhaut nach der
ersten Anwendung wie verrückt und meine Haare sahen fettig aus, also genau das Ergebnis vor dem ich Angst gehabt hatte. Aber so schnell gebe ich nicht auf.
Mein Fehler war gewesen, dass ich zuerst die Haare nicht vollkommen getränkt durchnässt hatte und dann zweitens versucht habe die Seife in den Händen aufzuschäumen und im Haar zu verteilen und das Ganze dann nicht gründlich genug wieder auszuwaschen.
Also Haare komplett nass machen, tiefend nass um genau zu sein (bei dicken Haaren dauert das einen Moment), dann das Seifenstück nass machen und damit über die Kopfhaut rubbeln bis schöner Schaum entsteht (Achtung, brennt in den Augen^^), dann diesen Schaum in die Längen verteilen und alles super gründlich wieder auswaschen, dabei entsteht durch die aufgestellten Haarschuppen ein quietschsauberes Gefühl. Als Faustregel gilt: Mindestens doppelt so lange ausspülen wie es zum Einschäumen gebraucht hat. Danach die saure Rinse anwenden, ich tunke dazu erst die Längen in den Messbecher, kippe dann den Rest über die Kopfhaut und massiere alles ein. Man merkt sofort, wie die Haare glatter werden. Dann spüle ich alles mit kaltem Wasser nochmal aus. Nach der Wäsche kommen nur ein paar Tropfen Brokkolisamenöl in die Längen und Rizinusöl in die Spitzen.
Das Ergebnis
Und was soll ich sagen?
Ich bin begeistert!
Nach einer kurzen Umstellungsphase habe ich nun viel weniger Juckreiz, viel weniger Schuppen, nicht mehr so trockenes Haar, noch fülligeres Haar (ja, kaum zu glauben aber das geht), es glänz am Ansatz viel mehr und ich muss viel seltener Waschen, weil die Haare überhaupt nicht mehr fettig werden. Und ich behaupte mal zu sagen, dass meine Haare vorher nicht massiv überpflegt waren, weil ich schon seit Jahren nur 2 mal die Woche gewaschen und nach der Wäsche nur natürliche Öle benutzt habe, dazu färbe ich extrem selten und nehme auch fast nie Stylingprodukte.
Wenn ich sie jetzt öfter als 1 mal in der Woche wasche, nehmen meine Haare es mir übel und sehen strohig und trocken aus.
Und auch im Schwimmbad ist es viel praktischer mit einer Seifendose mit 2 kleinen Seifenstücken (Haar und Körper) und einer kleinen Flasche mit Rinse aufzulaufen als mit den Horden an Shampoo, Spülung, Duschgel, Öl, Schaumfester und was nicht noch alles mit musste. Inzwischen nutze ich nur noch Seife oder Duschbuttern.
An meiner Dusche stampeln sich jetzt meine Versuche:
So, nachdem ich nun so begeistert war ist Yuki schwimmen gegangen und stank nach See. Was lag näher als meine Haarseife auch bei ihr zu testen?
Versuch Nr. 2
Auch hier war der erste Versuch die reinste Katastrophe, denn merke: in kaltem Wasser schäumte diese Seife quasi nicht. Yuki wurde irgendwann ungeduldig und ich griff doch wieder zu ihrem Shampoo. Das war also wohl nichts.
Dennoch war ich von der milden Reinigung so begeistert, denn genau das suchen wir ja alle für Hunde, wenn sie denn mal gebadet werden müssen. Also habe ich
die Seife nochmal mit warmem Wasser getestet und es ging direkt viel besser. Um einen direkten Vergleich zu haben musste Yuki auch die Rinsedusche über sich ergehen lassen, mein tapferes
Versuchskaninchen. Und was soll ich sagen? Das Fell wurde richtig schön. Und sie roch auch direkt wieder nach ihrem natürlichen Duft, kein müffeln oder künstlicher Duft wie es nach dem Shampoo
schnell der Fall war, gerade wenn sie häufiger gebadet werden musste. Und vor allem keine Schaumnester, wie sie beim Shampoo oft zurückblieben.
Und deshalb die Fellseifen
Also entschied ich selbst Fellseifen zu sieden, erstes Versuchskaninchen bin dabei erstmal ich selbst. Natürlich hat Hundefell eine andere Struktur als meine Locken, aber was bei mir schon austrocknend wirkt brauche ich nicht an Yuki oder anderen Hunden testen. Meine Erfahrungen zeigen übrigens, dass bei Hunden eine saure Rinse nicht zwingend notwendig ist, denn man kämmt sie eh erst wenn sie trocken sind und sie werden grundsätzlich schon nicht so heiß geduscht wie unsere Köpfe. Und der Schaum lässt sich viel besser auswaschen als das Shampoo. Beim Shampoo haben wir immer 5 Minuten einshamponiert und mindestens 10 Minuten ausgespült und dann knisterte es doch wieder noch irgendwo und sie musste nochmal unters Wasser. Bei der Seife dauert das einshamponieren noch etwas länger, ich denke da fehlt einfach noch Übung, dafür ist das Ausspülen in unter 5 Minuten ohne Schaumnester im Fell erledigt.
Inzwischen haben wir ein passendes Grundrezept, was zumindest bei mir und Yuki schön schäumt, sich gut wieder auswaschen und das Fell sauber glänzen lässt, nun geht’s in die weiteren Tests, aber ich denke lange dauert es nicht mehr.
In Zukunft wird es verschiedene Seifen für verschiedene Einsätze und Felltypen geben. Ich bin zuversichtlich, dass ich auch meinen Hautpatienten damit in Zukunft gezielt Linderung verschaffen kann.
Die Vorteile einer Fellseife
- Keine künstlichen Konservierungsstoffe
- sehr ergiebig
- Keine Parabene, Silikone, Erdölderivate, PEGs
-
Spart Plastik in Verpackungen
- Umweltverträglich (kein Mikroplastik und aggressive Tenside)
- Enthält natürliche Pflegeöle
- Keine künstlichen Duftstoffe
- Milde Reinigung
- Keine Austrocknung der Haut
- schnelle Rückfettung des Fells
- Lässt sich gut und einfach auswaschen
- Natürlicher Glanz
- Natürlicher Duft des Hundes wird nicht gestört
- Sorgt für gesundes Fell
Fotos by Pixabay & Balance Cure Tierheilpraxis
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